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Darüber, ob man ein Weitwinkelobjektiv besitzen sollte oder nicht, herrschen recht unterschiedliche Meinungen. Während die Einen es für unverzichtbar halten, ist es für Andere die ultimative Geldverschwendung. Letzendlich hängt der eigene Bedarf natürlich auch davon ab, was man überhaupt fotografieren möchte. Wer fast ausschließlich Portraits von Einzelpersonen ablichtet, der kann ziemlich sicher auch ohne Weitwinkelglas leben.

 

Neben der unbestritten größeren aufgenommenen Fläche (aufgrund des größeren Bildwinkels) liegt ein wesentlicher Vorteil im größeren Winkel selbst. Man kann nämlich näher ran ans Objekt, was insbesondere in engen Straßenschluchten oder an stark frequentierten Orten viel Wert ist. Vor kurzem bekam ich dies am eigenen Leib zu spüren, als ich im Rahmen von „Berlin leuchtet” die illuminierte Südseite des Berliner Hauptbahnhofes ablichten wolte. Um das gut 100 Meter breite Hauptgebäude mit dem Canon EF-S 18-55mm f/3.5-5.6 IS STM und seiner Minimalbrennweite von 18 mm (Bildwinkel ca. 64°) einfangen zu können, musste ich vom Washingtonplatz fast 150 Meter bis an die Rahel-Hirsch-Strasse zurück gehen. Spät abends ist das machbar weil relativ wenig Leute durchs Bild laufen, aber zur Mittagszeit wäre eine solche Aufnahme nur schwer zu realisieren. Mit einem Objektiv der Brennweite 8 mm (Bildwinkel ca. 114°) hätte ich die Entfernung fast halbieren können.

Die Kandidaten

Aktuell endet das mir zur Verfügung stehende Brennweitenspektrum am unteren Ende bei 18 mm. Daher bin ich auf der Suche nach einem Objektiv, dessen Brennweite darunter liegt und an den EF-S-Anschluß meiner Canon EOS 700D passt. Es sollte sich um ein Zoomobjektiv handeln, das idealerweise bis zu 8 mm Brennweite runter reicht, nach oben aber gerne noch oberhalb von 18 mm liegt um ständige Objektivwechsel zu vermeiden.

Aus diesen Anforderungen ergibt sich folgende, recht überschaubare, Liste von ganzen zehn Kandidaten, die um meine Gunst wetteifern:

Nicht berücksichtigt wurden alle Fischaugen (FishEye) und Festbrennweiten sowie folgende Objektive:


Die Einsteigerklasse

Für ein neues Weitwinkelzoomobjektiv, das an die Canon APS-C-Kameras passt, muss man aktuell mindestens 400 EUR ausgeben. In dieser Preisklasse findet man das Tamron SP AF10-24mm F/3.5-4.5 Di II LD Asperical [IF], das AT-X124 AF PRO DX II (AF 12-24mm f/4) von Tokina und Sigmas 10-20mm F4,0-5,6 EX DC / HSM. Alle drei Verteter dieser Preisklasse verfügen über ein 77 mm Filtergewinde. Etwas unerwartet in dieser Preisklasse wird die passende Sonnen- bzw. Gegenlichtblende bei allen drei Objektiven bereits mitgeliefert.

Tamron SP AF10-24mm F/3.5-4.5 Di II LD

Sie haben leider nicht genügend Rechte, um dieses Bild zu sehen.Mit 10-24 mm stellt das Tamron den größten Brennweitenbereich in der unteren Preisklasse zur Verfügung. Die Weiterentwicklung des erfolgreichen Modells 11-18mm F4.5-5.6 (dem ehemals schärfsten Konkurrenten des immer noch verkauften Sigma 10-20mm F4,0-5,6) bringt gerade mal 406 Gramm auf die Waage. Dafür fehlen ihm aber einige Ausstattungsmerkmale wie ein Ultraschall-Autofokusmotor oder ein Schauglas (die Entfernungen sind nur aufgedruckt).

Bei 10 mm wirken die Aufnahmen oft überbelichtet, teilweise muss dreifach abgeblendet werden, ab 20 mm verschwindet dieses Problem aber. Bei Offenblende fehlt es den Bildern etwas an Schärfe, bei f/8 und f/11 sind die Resultate aber in Ordnung.

Tokina AT-X 124 AF PRO DX II (AF 12-24mm f/4)

Sie haben leider nicht genügend Rechte, um dieses Bild zu sehen.Das preiswerterteste Tokina-Objektiv im Testfeld, das AT-X 124 AF PRO DX II, wird seit Frühjahr 2009 verkauft. Gegenüber dem Vorgänger (AT-X 124 AF PRO DX) verfügt das neue Modell nun zwar über einen Autofokus-Motor, der recht schnell reagiert, er arbeitet aber im Vergleich zu einem Ultraschallmotor nicht gerade leise. Leider patzt der Autofokus immer mal wieder und man kann ihn nicht manuell nachjustieren. Hier hilft nur der Wechsel zur manuellen Fokussierung (MF).

Erfreulich: die vom Vorgängermodell bekannten Geisterbilder und Reflexionen wurden deutlich reduziert. Die Offenblende f/4 geht über den kompletten Brennweitenbereich, der mit 12 mm aber etwas oberhalb der Mitbewerber im unteren Preissegment beginnt. Mit steigender Brennweite nehmen die tonnenförmigen Verzeichnungen immer mehr ab, ein Wechsel zu kissenförmigen Verzeichnungen trat nicht auf.

Sigma 10-20mm F4,0-5,6 EX DC / HSM

Sie haben leider nicht genügend Rechte, um dieses Bild zu sehen.Auch das 10-20mm F4,0-5,6 von Sigma ist ein alter Hase unter den Weitwinkelobjektiven, denn es wird schon mindestens seit Mitte 2008 verkauft. Es verfügt noch nicht über eine für alle Brennweiten identische Offenblende, ein Hypersonic-Ultraschall-Motor (HSM) für den Autofokus ist aber bereits vorhanden. Punkten kann es mit dem mitgelieferten Zubehör (Köcher und tulpenförmige Gegenlichtblende LH825-04). Die Offenblende f/4 bzw. f/5,6 rangiert eher im unteren Bereich des Feldes, was zu deutlichen Randabdunkelungen führt, die auch durch Abblenden nicht vollständig beseitigt werden können. Zweifaches Abblenden lindert die Differenz zwar auf ein erträgliches Maß, durch die kleinere einfallende Lichtmenge vervierfacht sich aber auch die Belichtungszeit. Bei 10 mm sind die Bilder deutlich tonnenförmig verzeichnet, bei 14 mm deutlich kissenförmig und bei 20 mm auch kissenförmig aber weniger deutlich.

Fazit

In der untersten Preisklasse muss sich Tamron seinen beiden Mitbewerbern dann doch geschlagen geben. Das SP AF10-24mm F/3.5-4.5 Di II hat zwar den größten Brennweitenbereich und patzt zwar in keiner Teildisziplin so richtig, die Anderen sind aber immer mindestens einen Hauch besser.

Bleibt also die Frage ob man eher Sigma oder Tokina kaufen sollte. Das Sigma 10-20mm in der lichtschwächeren F4,0-5,6-Ausführung liefert etwas mehr Schärfe und geringere Farbsäume durch Chromatische Aberration. Dafür hat das Tokina AT-X 124 AF PRO DX II die Verzeichnungen wesentlich besser im Griff, patzt aber beim Autofokus.

Der unterschiedliche Brennweitenbereich kann in den meisten Fällen vernachläßigt werden, es geht hier jeweils um ganze 3° Differenz. Aufgrund der etwas besseren optischen Werte, dem etwas geringeren Gewicht und dem minimal kleineren Preis ist das Sigma 10-20mm F4,0-5,6 EX DC / HSM mein persönlicher Sieger in dieser Preisklasse. Wer eines der beiden anderen Objektive kauft, macht aber auch nicht wirklich viel falsch.

Die Mittelklasse

Nimmt man etwa 150 EUR mehr in die Hand, so kann man entweder das EF-S 10-22mm f/3.5-4.5 USM von Canon oder aber eines der beiden Sigma-Modelle 8-16mm F4,5-5,6 DC HSM oder 10-20mm F3,5 EX DC HSM erwerben.

Die Oberklasse

Am oberen Ende der Preisskala findet man das Sigma 12-24mm F4,5-5,6 DG HSM II, von Tokina die beide AT-X 116-Varianten PRO DX und PRO DX II (beide AF 11-16mm f/2.8) von Tokina und das Modell AT-X 12-28 PRO DX (AF 12-28mm f/4) aus gleichem Hause.